Museumsbesuche waren gestern: Die weltweit erste interaktive James Bond-Erlebniswelt steht in Sölden. Auf dem Gipfel eines Dreitausenders, spectrekuläre Ein- und Aussichten inklusive.
Man nehme ein maßstäbliches Modell des Berggipfels aus dem 3D-Drucker sowie einen Bleistift und stecke letzteren quer durch ersteres: „Das war die Idee, aber damit fährst du natürlich nicht nach London zu EON und Metro-Goldwyn-Mayer“, lacht Johann Obermoser. Er ist der Architekt, der das beeindruckende Bauwerk auf der Spitze des Gaislachkogels entworfen hat. Und bei den Filmproduktionsfirmen EON – das Akronym für „Everything Or Nothing“ – und MGM liegen nun mal die Rechte an allem, was man mit Bond, James Bond verbindet.
Das Bauen auf 3040 Metern Seehöhe ist freilich ein wenig komplexer als die Bleistiftsache. Auf 3040 Metern herrscht (noch!) Permafrost – gefrorene Felsen, die dennoch, abhängig von kleinen Temperaturschwankungen, ständig in Bewegung sind. Es bedurfte also ein bisserl mehr an Aufwand als nur ein paar Steine auf die Seite zu räumen, eine Betonschachtel hinzustellen und die wieder mit Steinen zuzudecken. „Das war der schlechteste Sommer der letzten 15 Jahren“, erinnert sich Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen, den hier in Sölden alle nur Jack nennen: „Im Mai haben wir begonnen. Der erste Schneeeinbruch kam im Juli, der zweite im August, und ab November konnten wir die Baustelle nur mehr mit dem Hubschrauber versorgen.“
Drei geologische Bruchlinien ziehen sich durch den Berg, da braucht es mehr als „nur“ die verbauten 400 Tonnen Stahl. Tatsächlich besteht das Gebäude aus sieben einzelnen Teilen, die unabhängig voneinander über hinterlüftete Streifenfundamente im Fels verankert sind; als Temperatursperre zum Gestein wird von der Nordseite kalte Luft angesaugt und an der West- und Ostseite wieder ausgeblasen. Die wasserdichte, aber flexible Verbindung der einzelnen Gebäudeteile können Sie sich so vorstellen wie den Faltenbalg zwischen den beiden Hälften eines Gelenkbusses.
Inspiriert von den Entwürfen des Filmarchitekten Ken Adam, der in den 1960er und 1970er Jahren für die Szenenbilder der Bond-Filme verantwortlich war, entstand eine zweigeschoßige, den Grat durchstoßende, beidseitig über den Abgrund hinausragende Betonröhre. Sie bietet einerseits direkte Sicht auf die Gletscherstraße, auf der 2015 die spektakuläre Verfolgungsjagd für den Bond-Film „Spectre“ gedreht wurde, und beherbergt andererseits die „cineastische Installation“, für die die Kreativagentur Optimist Inc. aus Los Angeles verantwortlich zeichnet. Gemeinsam mit Bond-Art Director Neal Callow und EON entstand eine einzigartige Erlebniswelt, die weit mehr ist als nur ein Museum am (oder im) Berg und es durchaus schafft, den nicht unerheblichen Eintrittspreis in den Hintergrund treten zu lassen. Ein gutes Sinnbild für die rätselhafte Welt der Geheimdienste ist auch die Symbolsprache auf den Klotüren – Männlein oder Weiblein? Ganz ehrlich: Wir haben das nur an der Möglichkeit des Stehpinkelns zuordnen können.
Die fast brutal wirkende, streng reduzierte Architektur aus Glas, schalreinem Beton und schwarzem Inox-Stahl könnte auch ein perfektes Versteck für einen Bond-Bösewicht sein. Zwischen Eingang und Ausgang verbringt man eine gute Stunde auf den 1300 Quadratmetern Ausstellungsfläche und legt dabei unmerklich zehn barrierefreie Meter Höhenunterschied zurück. Gezeigt werden einige berühmte Requisiten aus der 24-teiligen Bond-Geschichte, der Schwerpunkt liegt freilich auf Spectre. Modelldarstellungen und Computeranimationen erklären den aufwändigen Aufbau der einzelnen Abschnitte der in Tirol gefilmten Verfolgungsjagd – alleine für die ersten Sekunden, in denen 007 die Hoffler-Klinik verlässt, derweil die Autos mit den Bösen davondüsen, waren ganze zwei Drehtage (!) nötig …
Selfie-Alarm gibt es im drittletzten Raum: Für die meisten Besucher ist das Flugzeugwrack in der sieben Meter hohen Action Hall der Höhepunkt der Installation. Auch die Filmautos sind vor Ort: Ein Defender SVX mit Gebrauchsspuren durch Doppelnullagentenkontakt steht in Gehweite, der Range Rover Sport SVR ist hingegen nur auf jenen Brettern, die in den Alpen die Welt bedeuten, erreichbar.
Fotografie für Jaguar Land Rover Europe
Reportage für das 4wd Magazin