Porsche Driving Experience: Life is live

Porsche bat langjährige Besitzer, Newcomer und Interessenten in die Motorsportarena des Red Bull Rings. Geboten wurden perfekte Rahmenbedingungen für unvergessliche Stunden.


Wer ein Auto braucht, das nur ein Auto ist, der kauft nicht bei Helmut Eggert.

Doktor Helmut Eggert hat einen guten Beruf. Fast hätte ich jetzt „er verkauft Autos“ geschrieben, aber das greift irgendwie zu kurz. Weil: Wer ein Auto braucht, das nur ein Auto ist, der kauft nicht bei ihm. Nein, Helmut Eggert verkauft keine Autos. Er dealt mit multifunktionalen Suchtmitteln, die – weil sie legal zu erweben sind – absurd besteuert werden. Und dennoch nicht an Absatzschwierigkeiten laborieren, sondern aktuell neue Rekordabsätze feiern. Denn diese Suchtmittel knipsen Glückshormone an und verräumen gleichzeitig allfällige Alltagssorgen in wenig strapazierte Gehirnbereiche. Sie verbessern die Sauerstoffaufnahme, reinigen den Gehörgang und bringen Augen zum Leuchten. Doktor Eggert ist weder Arzt noch Coach oder Lebensberater, aber hilft als Dienstleister, wenn es Zeit wird, am Weg zur Zufriedenheit mit sich und dem Universum die innere Stimme zu erhören. Er unterstützt seine Kunden, wenn Träume real werden sollen. Träume, die entweder einige Jahrzehnte alt sind oder erst wenige Monate. Bei Helmut Eggert wird man nicht versehentlich Kunde. Man unterschreibt nicht zufällig. Helmut Eggert verkauft Porsches.

Heute steht der Geschäftsführer des heimischen Importeurs in einem geräumigen Gastro-Zelt in der Steiermark. „Willkommen in Spielberg“ sagt Doktor Eggert, und er betont das schon so komisch: Spiel. Berg. Gut, in der Halle nebenan steht eine große Carrera-Rennbahn. Aber außen um die Halle herum ist noch eine viel größere Carrera-Rennbahn. Die von Didi Mateschitz. Der Red Bull Ring. Heute, hier und jetzt exklusiv für Porsche-Besitzer reserviert. Sie werden als gelehrige Schüler beim Precision Training oder dem weiterführenden Performance Training der Porsche Sport Driving School Austria Augen und Ohren spitzen: Fahrphysik und Handling gilt es zu vermitteln, Blickführung und Kurventechnik zu automatisieren. Sie sind die Basiswerkzeuge zum Finden der Ideallinie, sind das Grundwissen für sportliches Fahren. Gasgeben. Bremsen. Lenken. Wenig bremsen, wenig lenken, um genau zu sein. Sektion für Sektion, Schlüsselstelle für Schlüsselstelle. Und dann das freie Fahren am Ring, um das Gelernte anzuwenden. Die Königsdisziplin für Absolventen beider Lehrgänge heißt Track Day. Herzenslustiges freies Fahren in 20-Minuten-Stints. Ohne Zeitnehmung. Ohne Konkurrenz. Und ohne mich. Ich habe ja keinen Porsche.

Vier heiße Tage am Spielplatz in Spielberg: „Porsche live“, der bisher größte Porsche-Event Österreichs, ist schlicht und einfach … ja, Porsche live. Hautnah. Mittendrin statt nur dabei. Ein Hochamt für stolze Besitzer eines klassischen Zuffenhausners der frühen Jahrgänge, für Eigner von Sportwagen der aktuellen Baureihen. Und die wahrscheinlich umfangreichste Probefahrmöglichkeit für alle Freunde der Marke, die mehr als nur gute Freunde werden wollen. Und dieser Spielplatz ist nicht nur für Buben jeden Alters gedacht. Auch die Damenwelt ist herzlich willkommen. Hier siegt Adrenalin über Testosteron.

Vier anspruchsvolle Stationen stehen bereit. Das hervorragende Buffet im Gastro-Zelt ist da noch gar nicht mitgezählt.

„Willkommen in Spielberg“ sagt Doktor Eggert. Vier anspruchsvolle Stationen stehen für uns Berichterstatter bereit, und das hervorragende Buffet im Gastro-Zelt hat er da noch gar nicht mitgezählt: Quertreiben im Driving Center, der 4WD-Testrack für den Cayenne, Boxster-Slalomfahren auf Zeit, und die beschauliche Ausfahrt mit Fahrzeugen nach Wahl, ins Murtal oder aufs Gaberl (das war aber leicht zu entscheiden: aufs Gaberl natürlich). Und dann noch Taxifahrten am Ring als Dessert.

Die Benzinschreiber-Gruppe teilt sich auf. Die jüngeren großen Buben beginnen mit dem Slalom, wo sie sich unter Aufbietung aller verfügbaren Kräfte so verkrampft um Sekundenbruchteile balgen, dass sie von der entspannt am Volant drehenden Kollegin paniert werden. Wenig lenken, wenig bremsen, meine Herren. Adrenalin statt Testosteron. Quer fahren schaut gut aus, ist aber nicht schnell. Nur laut.

Als vorbildlicher Allradberichterstatter wählt man natürlich nicht den Huterlparcours, sondern lässt sich vom Shuttlebus hangaufwärts chauffieren, nach Schönberg, woselbst der kleine Geländetrack angesiedelt ist. Fiese Verschränkungen werden geboten, im Inneren des Nobelhobels ist allerdings wenig vom Spektakel zu erleben. Hoch das Bein links, hoch das Bein rechts, leichter Wheelspin am Grobstaub: Ratterratter macht es im Unterbau, und schon setzt die Riesenkiste ihre Fahrt fort, stampft wie ein Sumoringer im Reisfeld über die Hindernisse. Deutlich imposanter ist die Querneigungspassage. „Jetzt sind wir schon sehr schön weit oben“ sagt der Instruktor gefühlte zwei Meter unter mir, und sein Unterton lässt keine Zweifel offen, dass plötzliche Lenkkorrekturen zur Bergseite nicht akut auf seinem Wunschzettel Platz finden. Eigentlich sollte der glatte Beton das Fahrzeug im Zweifelsfall seitlich abrutschen lassen, weil sich der Reifen nirgendwo einhängen kann. Aber wer will das schon so genau wissen? Haken wir also den einen viersitzigen Viertürer ab, und schnappen wir uns den anderen für ein Gaberlfrühstück am Nachmittag.

Gesicht, Schultern, Heck: Alles sofort als Porsche erkennbar. Tief. Flach. Große Räder. Gran Turismo Sport, kurz GTS. Seit Februar ist der sportlichste Panamera zu haben. Reinsetzen, losfahren? Nein, weil das hier ist kein schnöder Dieselgolf. Alleine die Knöpferlflut der ansteigenden Mittelkonsole erfordert vom Neueinsteiger jede Menge Aufmerksamkeit. So justiert man sich zuerst den Sitz, das Lenkrad und die Spiegel, tippt dann das Wunschklima in die betreffende Anlage und sucht nach passender musikalischer Untermalung. Die findet sich freilich nicht am iPhone oder bei Radio Stephansdom, sondern kommt vom 4,8 Liter (Hubraum, nicht Normverbrauch) messenden V8, der die Atemluft der 430 PS über eine vierflutige Abgasanlage ins Steirische entlässt. Darin enthalten wären im Normzyklus 256 Gramm CO2 – ein Wert, den man zugeben, leicht überbietet, auf dass der im frühsommerlichen Saft stehende Wald der Obersteiermark kräftig einatmen kann, um im Wege der oxygenen Photosynthese wiederum jenen Sauerstoff zu produzieren, der uns Menschen zugutekommt.

Zum Abschluss eines außergewöhnlichen Nachmittags muss es aus der Auswahl aller Porsches der allerporschigste sein, den ich am großzügig bestückten Parkplatz finden kann.

So nett sich der breite Viersitzer auch um die Ecken werfen lässt – zum Abschluss eines außergewöhnlichen Nachmittags muss es aus der Auswahl aller Porsches der allerporschigste sein, den ich am echt großzügig bestückten Parkplatz finden kann. Neunelf Neuneinundneunzig, die aktuelle Generation, als Carrera S mit ohne Dach: Falls das zuvor vom Panamera verteilte CO2 schon zu O2 umgewandelt wurde, will man ja genug davon inhalieren. Gegenüber dem 997-Vorgängermodell wurden 90 Prozent der Teile überarbeitet, seinen Charakter hat sich der Urmeter aller Sportwagen aber zu 100 Prozent bewahrt. Der Heckmotor sprotzt und rotzt, dass es eine wahre Freude ist, dem superb schaltenden Doppelkupplungsgetriebe einiges zu tun zu geben. Die Ausfahrten der vom Schwerverkehr polierten Kreisverkehre nimmt der in seinen jungen Jahren als brutale Heckschleuder gefürchtete 911er souverän, nur einen sanften Schlenker andeutend.

Drohend kreisen die dunklen Gewitterwolken mittlerweile das Aichfeld ein. Mit den ersten Tropfen schließe ich das Dach. Und so schnell wie der Carrera um die Kurven der Obersteiermark fegt, so schnell werden die Tropfen zu einem Wolkenbruch, der sich prasselnd auf das sauber gespannte Stoffdach ergießt. Das verschafft Zeit, um sich noch einmal im Auto umzusehen. Die Rundinstrumente. Die Mittelkonsole. Das hellbeige Lederinterieur, das sich ganz arg in der Windschutzscheibe spiegelt. Das Wappen am Lenkrad mit den Farben Baden-Württembergs und dem paradierenden Stuttgarter Rössle. Der Ausblick über die gewölbten Kotflügel auf die Rennstrecke. Hinter dem ebenfalls auf den Hinterbeinen stehenden 17 Meter hohen Bullen, der das Infield dominiert, schlägt ein Blitz im Wald ein. Wie ein frisch angerissenes Strichholzköpfchen geht ein Baum in Rauch auf.

Manche drücken sich die Nase schon als Bub an der Seitenscheibe platt, andere erwischt es erst später. Bei einem feucht-fröhlich bewegten Nachmittag in Spiel. Berg. beispielsweise. „Auf Wiedersehen“, sagt Doktor Eggert mit kräftigem Händedruck, und seine leuchtenden Augen verraten: Wenn dich die Faszination Porsche aber einmal erwischt hat, so lässt sie dich nie mehr los.

Fotografie und Reportage für den Allradkatalog