Jeep feiert den 75. Geburtstag und lädt zum Heritage Driving – ein Angebot, das man nur schwer ablehnen kann.
Einen wirklich wunderschönen Beitrag zur boomenden Autoindustrie der Nachkriegszeit durften wir selbst erleben: Den Willys Jeepster aus 1948. Christophe Deschamps, auf Facebook auch als Docteur Jeep Toffamc bekannt, stellte uns das auf der Heckantriebs-Plattform des Station Wagon gebaute Cabriolet für eine kleine Spritztour in den von der Sonne verwöhnten Ausläufern der Pyrenäen zur Verfügung. 19.312 Fahrzeuge wurden in drei Jahren produziert. Weißer Lack, weißes Leder, gefühlt meilenweit weg von der knochigen Militär-Kiste: Hier erleben wir die Geburt des SUV-Cabrios, eine bis heute viel zu wenig beachtete Marktnische.
Angetrieben wird der Jeepster von einem Vierzylinder-Reihenmotor, der aus seinen 2196 cm³ Hubraum 62 PS schöpft und den Wagen zügig beschleunigt. Dennoch: Gleiten statt Hetzen ist bei sachgerechter Bewegung der automobilen Pretiose das Motto, gilt es doch, Steinschlagschäden zu vermeiden und des Fahrers Nachdenksekunden beim Gangwechsel zu berücksichtigen. Den ersten Gang legt man mit dem hinter dem Lenkrad angebrachten Hebel ein; der Schaltweg ist dabei so lang, dass kleinere Personen mit dem ganzen Oberkörper in Bewegung kommen. Auch die Gänge Zwei und Drei werden mit weit ausholenden Armbewegungen sortiert, die Vierte ist hingegen als Overdrive ausgeführt und wird über die Betätigung des Gaspedals zur Arbeit gerufen: Abruptes Auslassen des Gaspedals schaltet auf die Vierte hinauf, ein kurzer Gasstoß in der Vierten ist das Signal zum Herunterschalten auf die Dritte. Gebremst wird servolos mit vier Trommeln – vorausschauendes Fahren ist Trumpf. Zur weiteren Fahrdynamik nur ein kleiner Hinweis: Querblattfeder vorne.
Der Jeep CJ-5 machte 1955 einen gewaltigen Sprung in die Richtung des bis heute ungebrochen beliebten Freizeit-Geländewagens. In guter alter Familientradition basierte er auf dem 1952 für den Koreakrieg entwickelten M38-A1. Charakteristisch sind die gerundeten Formen der Motorhaube und der Kotflügel sowie der Schriftzug „Jeep“ auf den Seiten der Motorhaube – statt „Willys“. Der CJ-5 blieb bis 1983 in Produktion und konnte über 600.000 Kunden für sich begeistern. Als erstes Lifestyle-Fahrzeug ortet Jeep aber erst den CJ-7, der von 1976 bis 1986 angeboten (und anschließend vom Wrangler ersetzt) wurde. Unsere Probefahrt in Christophes CJ-7 Baujahr 1979 zeigte gewaltigen Fortschritt beim Sortieren der Zahnräder – die langen Schaltwege sind im Vergleich zur komplizierten Bedienung beim Jeepster nur eine kleine Schrulligkeit, zum Wegfahren nimmt man ohnehin die Zweite. Die Zielgenauigkeit der Lenkung ist hingegen durch das gewaltige Lenkspiel bei beiden Modellen gewöhnungsbedürftig.
Mit dem Wagoneer schuf Jeep 1963 in den USA das Segment der großen Premium-SUV; diesseits des großen Teiches blieb das einer anderen Automobilmarke vorbehalten. Ein Meilenstein im Wagoneer war die vordere Einzelradaufhängung und die Verbindung von Allradantrieb mit Automatikgetriebe, was den Fahrkomfort (und den Spritverbrauch) auf ein neues Niveau hob. 1984 wurde der Wagoneer vom Grand Wagoneer abgelöst. Bis zu seinem Produktionsende 1991 war der an seiner (aus heutiger Sicht echt schrägen) Holzoptik-Beplankung erkennbare Wagen der Liebling der Hautevolee zwischen dem Central Park und dem Santa Monica Pier.
„Unser“ Exemplar aus der Produktion 1988 steht im Besitz des Belgiers Daniel van Doveren, der sein Geld mit Dienstleistungen im Sicherheitsbereich gemacht hat. Besonderen Eindruck hinterließ die nicht wirklich pflegeleichte Innenausstattung, die wirkt, als hätte man für das plüschige Interieur ein paar Labrador-Hunde geopfert.
Zusätzlich zu den automobilen Schätzen vergangener Jahre durften auch ein paar handgefertigte Einzelstücke ins Freie, die zuvor in Europa weder gezeigt noch gefahren wurden. Umlagert waren vor allem die Probefahrten mit dem Jeep Trailcat, der mit seinem 6.2-Liter-Hemi Hellcat V8 ganz gut im Futter steht. 707 PS, die auch genau so klingen, treffen auf 39.5 Zoll große Räder. Dazwischen sechs Gänge, ein Interieur, bei dem „praktisch“ und „pflegeleicht“ im Pflichtenheft standen, und eine Sitzhöhe, die auch bei durchschnittlich Gewachsenen für zerdrückten Frisuren sorgt