Tschechien: Wie Böhmen noch bei Öst’reich war

Abwechslungsreiche Strecken im böhmischen Paradies, die kurvigen Straßen des Böhmerwaldes und die Heimat von Rübezahl: Hohe Pässe sucht man in unserem nördlichen Nachbarland vergebens, Fahrspaß findet man dennoch zur Genüge.


Ich war mit dem Motorrad im Himalaya unterwegs. In den Anden. Und in den Rocky Mountains. Nur die hinsichtlich ihres Namens besonders arge Bergkette hatte ich immer wieder aufgeschoben: das Riesengebirge. Spoiler alert: Aus der Nähe betrachtet ist der Gebirgszug nicht ganz so gewaltig, wie er klingt.

Die Idee zu dieser Reise kam mir im Dr. Karl Renner-Museum in Gloggnitz. Dort stand ich vor der Landkarte von Deutschösterreich – dem schnell gescheiterten Versuch, nach dem Ersten Weltkrieg ein gemeinsames Staatsgebiet mit den deutschsprachigen Regionen Böhmens und Mährens zu formen. In meiner Jugend war die Tschechoslowakei ein Teil des Ostblocks. Keine Gegend, die man freiwillig besucht.

Auch seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zog es mich nicht unbedingt in jenen Nahen Osten, der im Norden liegt. Zeit, das zu ändern!

Während der Jahrzehnte des Eisernen Vorhangs war die gesamte Grenzregion ein weitläufiges Sperrgebiet, um ausreisewillige Bürger an der Flucht aus ihrem Freiluft-Gefängnis zu hindern. Bis auf einzelne Mahnmale zur Erinnerung sind die Sperranlagen längst abgebaut. Heute sind viele der für die Grenztruppen angelegten Kontrollwege perfekt asphaltiert, aber für Radfahrende reserviert, sodass ich meine erhoffte Fahrtroute mehrfach abändern muss.

Ein kilometerlanger Fußmarsch steht jenen bevor, die das Prebischtor (Pravčická brána), die größte Felsbrücke Europas, sehen wollen – von unten, denn der Sandstein-Bogen darf seit vielen Jahren nicht mehr betreten werden. Ich klappe den Seitenständer erst beim Motoklub Pekelné doly aus. Die kuriose Vorbeifahrt an der Schank lockt Motorradfahrende aus ganz Europa in die mit bescheidener Kulinarik aufwartende Biker-Höhle – kurz nach mir trifft eine Harley-Gruppe aus Dänemark ein, deren kindliche Freude über die Akustik ihre Screamin’-Eagle-Auspuffrohre nicht von allen Anwesenden geteilt wird.

Nach einem kurzen Abstecher auf polnisches Territorium führt mich meine Reiseroute durch das Braunauer Bergland zur Adersbach-Weckelsdorfer Felsenstadt (Adršpašsko-teplické skály). Mehr als tausend Felstürme formieren sich zur größten Felsenstadt Mitteleuropas. Zu den Highlights zählen das mehr als 80 Meter hohe „steinerne Liebespaar“, ein 16 Meter hoher Wasserfall und eine Felsgasse von gerade einmal 50 Zentimetern Breite. Weiter der polnischen Grenze folgend fahre ich durch das Adlergebirge (Orlické hory) bis nach Nordmähren. Dort erwarten mich die Kurven des dicht bewaldeten Altvatergebirges (Hrubý Jeseník) im ehemaligen Sudetenland.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage
Motorradmagazin 3/2025 🇦🇹