Der Süden des Burgenlandes gehört zu den wärmsten und sonnenreichsten Regionen Österreichs. Das Hügelland wird von einem Netz aus verkehrsarmen Nebenstraßen überzogen. Weingärten, Ackerflächen und Waldstücke bilden eine kurzweilige Kulisse für entspanntes Motorradfahren.
Waren es rund um Rechnitz noch die Weißweinsorten Welschriesling, Grüner Veltliner und Weißburgunder, so reift in den steilen Weingärten des Eisenberges mit ihren in Falllinie gesetzten Rebzeilen wieder der erst spät im Oktober geerntete Blaufränkisch.
Vom „Weinblick“, der mit Glaswänden begrenzten und so nahezu schwerelos wirkenden Aussichtsplattform in Holzbauweise, reicht der Blick Richtung Westen bei perfektem Wetter über die steirische Riegersburg hinweg bis zur Koralpe in Kärnten und den ersten slowenischen Gipfeln. Nach Osten sieht man selbst bei weniger klarer Witterung ins ungarische Nachbarland – das ja auch nur wenige hundert Meter entfernt ist. Auf einer unbeschilderten Nebenstraße lässt sich ein Abstecher dorthin einlegen. An den seit 1922 gültigen weißen Grenzsteinen erkennt man, wie exakt die Weinbauern ihre heimatliche Scholle ausnutzen.
Der ehemalige ungarische Grenzsoldat Sándor Petofi hat mit viel Engagement eine Ausstellung über die Geschichte des Eisernen Vorhangs von 1948-1989 eingerichtet. Infotafeln erklären die Bedeutung und den Aufbau der heimtückischen Minenfelder, der Sperranlagen und der tödlichen Selbstschussvorrichtungen.
Als besonderes Schaustück hat Sándor auch den ab 2015 an der ungarisch-serbischen Außengrenze des Schengenraumes errichteten Zaun mit den rasiermesserscharfen Klingen des NATO-Drahts nachgebaut. Die Verständigung mit dem Museumseigner auf Deutsch und Englisch klappt brauchbar, aber nicht überwältigend – die fünf Euro Eintritt sind freilich in jedem Fall gut angelegtes Kleingeld.
Die Schotterstraße durch den Wald ist besser befahrbar als die rumpelige Asphaltstraße in Ungarn.
Die auf einer Lichtung emporragende Sankt Emmerichs-Kirche war bis zum Zweiten Weltkrieg Pfarrkirche von Inzenhof, der kleinste burgenländischen Gemeinde Tschanigraben und einigen ungarischen Orten. Abziehende deutsche Truppen legten in der Kirche Feuer; in der Zeit des Eisernen Vorhangs stand die Brandruine im Niemandsland des Grenzstreifens. Von Österreich war die Kirche nicht mehr erreichbar, und die Kommunisten ließen das Gotteshaus verfallen. Wer die in der Kirche ausgestellten Bilder betrachtet, vermag den ungeheuren Sanierungsaufwand (1990-92) zu erahnen: Dach und Kuppel waren eingestürzt, aus dem Boden der Kirche wuchsen Bäume. Heute erstrahlt die Kirche unter einem von Johannes Paul II. gesegneten Turmkreuz in neuer Pracht. Ein offener Schranken, Grenzsteine und Artefakte des Stacheldrahts markieren die Staatsgrenze, an der vor drei Jahrzehnten noch scharf geschossen wurde. Wer mag, kann hier weiterfahren und bei der nächsten Gelegenheit nach Österreich zurückkehren.
Recherche der Route, Fotografie und Reportage
Eine Runde zum Runden: 100 Jahre Burgenland
Fotografie für das Motorradmagazin