Zum Bezwingen von Güter- oder Forstwegen sowie zum Erreichen eines Weingartens muss man nicht unbedingt Untersetzungsgetriebe und Luftfahrwerk sein Eigen nennen. Im schweren Gelände greift man freilich besser auf Diff-Lock, 4low & Co. zurück.
#werwennnichter
Einer der profiliertesten Allrad-Experten Österreichs: Christian Karlberger, Offroad-Chefinstruktor des ÖAMTC, erklärt die Grundlagen des Geländefahrens.
#firstthingsfirst
Der wichtigste Leitsatz zum Fahren im Gelände: Man fährt stets so langsam wie möglich und nur so schnell wie notwendig! Weiters gilt: Manuell zuschaltbaren Allradantrieb (4WD, 4WD Lock) bereits beim Verlassen des Asphalts einschalten, Fahrdynamikregelung (ESP, DSC, VSC, ASTC, …) und Start-Stopp-Automatik des Motors ausschalten. Vor dem Beginn jeder Geländeausfahrt: Kontrolle der Betriebsflüssigkeiten, Check der Reifen, Sicherung der Beladung.
#lesenbildet
In der Betriebsanleitung werden alle technischen Features erklärt, die Bedeutung der Warnleuchten dargestellt und Kenngrößen wie Rampen- und Böschungswinkel, die mögliche Wattiefe etc. aufgelistet. Fehlen diese Angaben, stehen sie im Prospekt oder auf der Website des Herstellers.
#drucksache
Gute Winterreifen sind im Gelände Sommerreifen stets vorzuziehen. Reifendruck an den zu erwarteten Untergrund anpassen – bei tiefem Sand, schlammigem Terrain oder Pulverschnee Reifendruck bis auf 1 bar (bei Niederquerschnittsreifen 1,5 bar) reduzieren. Dadurch vergrößert sich die Aufstandsfläche, und die Walkarbeit des Reifens sorgt für eine verbesserte Selbstreinigung der Profilrillen. Eine Minute Druck ablassen verringert den Innendruck um ca. 1 bar. Ein Straßenreifen kann sich hinsichtlich Traktion und Sicherheit aber selbst bei reduziertem Druck keinesfalls mit Geländereifen messen.
#mitreihundglied
Das Anlegen von Schneeketten verbessert die Traktion der Lenkachse. So bleibt der Wagen noch lenkbar, wenn das Ablassen von Luft nicht ausreicht. Ein harter Straßengraben oder ähnliche Verschränkungsstellen ersparen das Ansetzen des Wagenhebers. Nach Gebrauch müssen die Ketten sorgfältig gereinigt und getrocknet werden.
#hockdinieder
Richtig sitzen heißt: So hoch wie möglich und nahe am Lenkrad, die Arme stärker abgewinkelt als im Straßenverkehr. Linker Fuß auf die Fußstütze oder am linken Radkasten: So kann man den Körper im Sitz fixieren, ohne die Schulterpartie und die Arme zu verspannen.
#fingerfertig
Die Daumen immer auf den Lenkradkranz auflegen! Ein Widerstand am Vorderrad kann das Lenkrad plötzlich herumreißen. Umklammert der Daumen in dieser Situation das Lenkrad, sind schwere Verletzungen die Folge.
#guckstdu
Hindernisse (wenn möglich) auf der Fahrerseite passieren, um den Abstand zu kontrollieren. Im schwierigen Gelände über das geöffnete Fahrerfenster prüfen, wo die Räder laufen; evtl. aus dem Fahrzeug lehnen. Unbekannte Geländesektionen und nicht aus dem Fahrzeug einsehbares Terrain vorab zu Fuß erkunden und das Fahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn eine realisierbare Fahrtstrecke gefunden wurde.
#schaltenundwalten
Mit dem ersten oder zweiten Gang fahren. Die Kupplung ausschließlich während des Schaltens und kurz vor dem Fahrzeugstillstand betätigen. Bei Automatikgetriebe im manuellen Modus fahren, um das Getriebe am selbsttätigen Hinaufschalten zu hindern.
#bauchfrei
Beim Parken in trockenem, hohem Gras darauf achten, dass der heiße Katalysator keinen Brand verursacht (die Versicherung würde grobe Fahrlässigkeit einwenden). Zum Schutz der Ölwanne tiefe Spurrillen zwischen die Räder nehmen (ein bis eineinhalb Reifenbreiten neben der ausgefahrenen Spur fahren). Spurrillen in spitzem Winkel überqueren. Steine oder Baumstümpfe mit den Rädern einer Seite überrollen.
Mit Schwung durch eine Schneewechte? Ohne Kenntnis der Bodenfreiheit riskant: Sitzt der Wagen mit der Bodenplatte auf, drehen die Antriebsräder durch. Dann kann nur mehr beherztes Schaufeln helfen.
#winkelwissen
Um die Möglichkeiten des eigenen Fahrzeugs kennenzulernen, an ungefährlichen Stellen an die Böschungs- und Rampenwinkel herantasten. So vermeidet man es, an Kuppen manövrierunfähig hängenzubleiben bzw. das Fahrzeug zu beschädigen.
#aufimuassi
Gefahren wird stets in der Falllinie. Ohne Untersetzungsgetriebe starke Steigungen immer mit Schwung in Angriff nehmen, die Motordrehzahl darf nicht untertourig sein. Schwere Ladung kann die Lenkachse sehr stark entlasten, im Extremfall kann sich das Fahrzeug nach hinten überschlagen. Beim Anfahren am Berg helfen elektronische Systeme, die die Bremse auch nach dem Loslassen des Fußpedals noch für wenige Sekunden angezogen lassen (Hill Start Assist HSA, …).
#runterkommensiealle
Gefahren wird stets in der Falllinie. Bergab die Geschwindigkeit möglichst niedrig wählen und durch die Motorbremswirkung beibehalten. Zum sicheren Bergabfahren dient die Hill Descent Control (HDC), mit der der Wagen mit fix programmiertem oder über die Tempomat-Tasten einstellbarem Tempo talwärts kriecht.
#schraegfahrensollnichtschiefgehen
Niedrige Geschwindigkeit und hohe Konzentration sind erforderlich. Wenn das Fahrzeug zu kippen droht: Kräftig Gas geben, um Vortrieb aufzubauen, und am Gas bleibend hinunter lenken. Wenn vorhanden, bei Hangschrägfahrten die Differenzialsperre aktivieren und die Untersetzung einlegen.
#splishsplashiamtakingabath
Die Tiefe der Furt und die Beschaffenheit der Gewässersohle abschätzen (bei trübem Wasser mit einem Stock testen). Erst wenn klar ist, wo man das Gewässer wieder sicher verlassen kann, losfahren; im Idealfall schräg mit der Strömung furten. Auf konstante Geschwindigkeit achten, um eine kleine Bugwelle vor dem Kühlergrill aufzubauen. Im fließenden Gewässer den Motor niemals abstellen, um ein Eindringen von Wasser in den Abgastrakt zu verhindern (Start-Stopp-Automatik deaktivieren, bei Hybridfahrzeugen mit laufendem Benzinmotor ins Wasser einfahren). Bei kritischer Wasserhöhe kurz vom Gas gehen, damit die Bugwelle vom Kühler wegläuft. Nach ein bis zwei Sekunden die ursprüngliche Geschwindigkeit aufbauen: Jetzt liegt das Wellental vor dem Kühler, was gut 20 Zentimeter weniger Wasser im Motorraum bedeutet.
Nach dem Durchqueren des Gewässers die Bremse durch mehrfaches Betätigen trocknen. Innenraum und Kofferraum auf das Eindringen von Feuchtigkeit durch die Innenraum-Entlüftungsöffnungen im Heckbereich kontrollieren. Ist Wasser eingedrungen, den Wagen mit weit geöffneten Türen schräg an einer Böschung abstellen, Bodenteppich mit einem Eiskratzer etc. abziehen.
#seikeindreckspatz
Nach der Geländesektion: Kontrolle der Wagenunterseite auf hängengebliebene Äste, Check der Felgen auf allfällige Schäden und die Reifen reinigen, bevor öffentliche Verkehrsflächen befahren werden.
Fotografie und Reportage der mehrteiligen Serie für das 4wd Magazin und den Allradkatalog